Ludwigsruh – Ein Nachtlied

RUN 1:
26.-28.04.2024
RUN 2:
03.-05.05.2024

VERPFLEGUNG
Vollverpflegung

KOSTEN
GSC € 135,-
Aufbauticket: € 65,-
NSC € 75,-
Putzk. € 10,-

GENRE
Zeitgeschichte,
Sozialspiel,
hohe Immersion

InTime-Einleitung

Mai 1919. Die Geschütze schweigen, der Pulverrauch verweht, und über die Schlachtfelder Europas breitet sich Licht.
Morgendämmerung für jene, die eine neue Welt ersehnen – der Gleichheit und Freiheit für die Massen unter dem Glanz eines roten Banners. Abenddämmerung in den Augen der Mächtigen von einst. Ihnen ist der Sturz der Throne und der angestammten Ordnung Zeichen des nahen Untergangs der Welt.

In jenem fahlen Licht zeigt sich scharf der Gegensatz von Herr und Knecht – ein Kampf seit Anbeginn der Geschichte. Jetzt soll er entschieden werden, auf deutschem Boden. Beide, Herr und Knecht, singen – in Zuversicht der eine, in Bitterkeit der andere – das Nachtlied für die alte Welt.

Fotos: © Getty Images Editorial

Ludwigsruh – Das Larp


Ludwigsruh. Das ist der Name eines Gutes im preußischen Ostbrandenburg. Die Einwohner arbeiten seit Jahrhunderten auf den endlosen Krautäckern und Rübenfeldern. Das Leben verläuft immer schon in unveränderlicher Bahn: Aussaat im Frühling, Ernte im Herbst, dazwischen Last und Schwere.

Das Gut, das Dorf, der Wald, der Ackerboden, der Teich, das Wild, die Früchte der Erde, das Erzeugnis der Arbeit – das gehört alles den Freiherren von Alversleben. Sie wohnen im Schloss und vererbten – vom Vater auf den Sohn – Herrschaft und Reichtum, wie die Dorfbewohner sich Arbeit, Mühsal und Hunger vererbten.
Der Große Krieg hat aber den Junkern einen Stoß versetzt, der Kaiser ist geflohen, das Reich ist Republik, die Privilegien des Adels sind dahin. Den Baron hat die Spanische Grippe vor wenigen Tagen hingerafft; es heißt, das Gut sei bankrott und die Alverslebens am Ende. Abenddämmerung für die einen – Morgenlicht für die anderen…

Bild: © Ferdinand Schlanitz

Teilnahme

Es wird 37 GSC-Rollen geben, dazu einen NSC und drei Küchenrollen. Die NSC-Rolle wird drei oder vier verschiedene kurz auftretende Rollen verkörpern, die Küchencrew ist gut mit den anderen Teilnehmenden verknüpft und und ins Spielgeschehen eingebunden.

Ihr habt die Möglichkeit, euch einen Teaser der Charaktere auf unserer Website anzusehen und uns danach eure drei Favoriten bekanntzugeben. Wir werden uns bemühen, können jedoch nicht garantieren, dass bei der finalen Zuteilung jeder die Rolle erhält, die er sich gewünscht hat.

Alle Rollen sind untereinander reich verknüpft. Die Charakterbögen sind sehr ausführlich gehalten. Wir ersuchen darum, sich mit der Biografie des gespielten Charakters frühzeitig auseinanderzusetzen.

Das OT-Abendessen am Freitag werden wir mit einem Etikette-Workshop verbinden, an dem jeder (bereits in Gewandung) teilnehmen soll. Die Anstandsregeln Anfang des 20. Jahrhunderts in Preußen waren elitär und streng. Je nach Stand wusste man sich korrekt anzusprechen und hatte exzellente Tischmanieren. Aber keine Sorge: Wir werden für alle Teilnehmenden einige Wochen vor dem Spiel einen gekürzten Knigge für das Benehmen auf unserem preußischen Gut online stellen.

Unterbringung
& Verpflegung

Die Teilnehmenden schlafen in Betten in Schlafzimmern verschiedener Größe. Mitzunehmen sind Bettzeug (Laken, Polster, Decke), und InTime-taugliche Bettwäsche. Dekorationsgegenstände, um eure Zimmer IT herzurichten, sind gern gesehen. Die Schlafzimmer gehören zum Spielgebiet und werden aktiv ins Geschehen eingebunden sein.

Am Spiel gibt es genügend Sanitärräume und Vollverpflegung. Am Freitag starten wir mit einem gemeinsamen OT-Abendessen. Samstags gibt es Frühstück, Mittagessen, Nachmittagstee und Abendessen, alles jeweils IT. Die Immersion verlangt, dass das Essen von Herrschaft und Dienerschaft sich IT unterscheidet; die bespielten IT-Mahlzeiten sollen historisch so korrekt sein, als möglich. In der OT-Zone erhalten die Spieler der Dienerschaft natürlich dasselbe Essen, wie die Spieler der Herrschaft.

Gewandung / Kostüme

Für die Dienerschaft stellen wir einheitliche Kostümstücke bzw. -teile zur Verfügung: Westen für die Herren, weiße Schürzen und Häubchen für die Damen. Das passende, dunkle Untergewand ist selbst mitzubringen.

Von Spielern der Herrschaft erwarten wir IT-taugliche Tageskleidung und passende Abendgarderobe; von Offiziersspielern das Tragen passender Uniformen. Informationen insbesondere zur Abendgarderobe ergehen gesondert.

Inspirationen findet ihr unter dem folgenden LINK.

Anreise

Anreise Run 1: Donnerstag und Freitag den ganzen Tag über möglich. (Wir sind ab Mittwochabend auf der Location.) Um 18 Uhr beginnt das gemeinsame OT-Abendessen, bei dem alle Anwesenden bereits gewandet Teilnehmen sollen. Hier werden wir nochmal ein wenig über die Etikette reden, eine kleine IT-Aufstellung machen usw. Danach gehen wir gemeinsam zur Kapelle wo das Spiel mit einem HardCut beginnt.

Anreise Run 2: Am Freitag ab der Mittagszeit möglich. Alles andere wie oben beschrieben.

Plant genug Zeit nach eurer Ankunft für den CheckIn, das Zimmer-Beziehen und Umkleiden ein, sodass ihr gegen 18 Uhr fertig im Speisesaal seid.


Weitere Hinweise

OT-Bereich:
Es wird einen OT-Bereich auf dem Spiel geben, diesen werden wir euch vor Ort zeigen. Wir tolerieren keine sonstigen OT-Zonen, OT-Blasen etc.

Rauchen:
Es herrscht innerhalb der Räumlichkeiten Rauchverbot. In Hof und Garten darf – der bespielten Zeit gemäß – ausgiebig geraucht werden.

Müll: Es wird Mülltrennung geben, Details dazu erhaltet ihr vor Ort.

Aufbauarbeiten: Wir benötigen unbedingt Hilfe beim Aufbauen und Dekorieren im Schloss vor dem ersten Run. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, Aufbautickets anzubieten. Die Aufbauhelfer*innen können schon ab Mittwochabend auf der Location sein, und wir werden dann gemütlich donnerstags alle benötigen Räume für das Spiel vorbereiten.

Kosten

GSC-Ticket:
135,- EUR + 10,- EUR Putzkaution

6 x GSC-Aufbauticket:
(nur am ersten Run!)
65,- EUR + 10,- EUR Putzkaution

1 x NSC-Ticket:
75,- EUR + 10,- EUR Putzkaution

3 x Küchenrolle:
0,- EUR

4 x Joker-Ticket:
0,- EUR

Joker: Der/die Joker-TeilnehmerIn springt bei kurzfristigen Ausfällen ein und übernimmt die Rolle, die sonst am Spiel fehlen würde. Das Joker-Ticket ist gratis, dafür musst du dir jedoch das Wochenende freihalten. Sollte niemand ausfallen, kann der/die Joker-TeilnehmerIn eine Parkrolle übernehmen und trotzdem beim Larp dabei sein (optional).

Es gibt die Möglichkeit, sich für Sozialtickets (jeweils zwei Tickets pro Run) anzumelden, um eine Erleichterung bei der Finanzierung des Larps zu erhalten. Bitte melde dich hierfür bei uns via E-Mail: ludwigsruh@gmail.com


Anmeldemodalitäten


Um sich erfolgreich für dieses Spiel anzumelden, müssen folgende Bedingungen ausnahmslos erfüllt werden:

  • Vollständiges Ausfüllen des Anmeldebogens
    (siehe ANMELDUNG-Tab oben)
  • Einzahlung des Spielbeitrags inkl. der Putzpauschale, binnen 4 Wochen NACH Anmeldebestätigung der ORGA auf das unten angegebene Konto:

Inhaber: GILEAD
IBAN: AT12 2070 6045 0062 6447
Verwendungszweck: Ludwigsruh + Dein Name

Sollte eine der zwei angeführten Bedingungen nicht erfüllt sein, können wir keinen Teilnehmerplatz bestätigen, und deine Anmeldung (oder Einzahlung) wird nicht gewertet.

Stornobedingungen:
100 % Rückerstattung bei Absage im Jahr 2023.
70 % Rückerstattung bis 28. Feb. 2024.
50 % Rückerstattung bis 31. März 2024.
Ab 1. April 2024 können wir den Teilnehmerbeitrag leider nicht mehr zurückerstatten.

Die Weitergabe des eigenen Platzes – falls du verhindert bist – muss zuvor mit der Orga abgeklärt werden! Wir haben vor, bei Abmeldungen jeglicher Art, auf die Warteliste zuzugreifen.

Für Fragen und Anregungen stehen wir euch gerne zur Verfügung!
(ludwigsruh@gmail.com)

Team / Orga / SL

Stefan Mauthner ist Politikwissenschaftler und studiert Philosophie an der AAU. Dunja-Maria Mauthner ist Grafikdesignerin und studiert Geschichte. Beide organisieren seit einigen Jahren Liverollenspiele, z.B. als Teil von größeren Teams wie bei der Gilead Codex-Kampagne. Bereits stattgefundene historische Gilead-Spiele von und mit ihnen sind u.a. „Bajdiše – Eine Kärntner Rauhnacht“ oder „Perduta Gente – Erwachet“ sowie der erste Run von „Ludwigsruh – Ein Nachtlied“ im Jahr 2015.

Der Große Krieg


Der Erste Weltkrieg wurde 1919 noch der Große Krieg genannt. Die Kampfhandlungen des Großen Krieges sind seit dem Waffenstillstand vom November 1918 beendet; dennoch ist das Grauen der Kämpfe noch allgegenwärtig. Fast jede Familie hat Verwundete, Verschollene oder Tote zu beklagen, insgesamt verloren 17 Millionen Menschen ihr Leben.


© bpk-images
© Agentur Bridgemann Images

Die deutsche Wirtschaft ist durch den Krieg extrem geschwächt. Echter Hunger und soziales Elend prägen den Alltag. Schon während des Kriegs verhungerten im Deutschen Reich 800.000 Menschen. Seit Kriegsende wütet die Spanische Grippe, die die Heimkehrer von den Schlachtfeldern mitgebracht haben. Not und Elend sind unvorstellbar groß.


Steckrüben und Spanische Grippe


Durch die verordnete Kriegswirtschaft und die englische Seeblockade sank die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Lebensmitteln bis 1917 kontinuierlich. Die Reichsregierung steuerte mit zahlreichen Maßnahmen gegen: Rationierung und Zuteilung von Lebensmitteln, staatliche Steuerung der Produktion, Festlegung von Fixpreisen für Brot, Butter, Milch.

Eine Hungersnot konnte durch alle diese Maßnahmen nicht abgewendet werden. Im Winter 1916/17 wurde die Steckrübe zum Hauptnahrungsmittel weiter Teile der Bevölkerung, weil Fleisch, Kartoffel und Getreide nicht mehr erhältlich waren. Insgesamt verhungerten in Deutschland zwischen 1914 und 1918 rund 800.000 Menschen.

Durch die Rationierung von Fett ging Ende 1917 auch die Seife aus. Katastrophale hygienische Zustände waren die Folge. Vom Frühjahr 1918 suchte die Spanische Grippe (auch als Lungenpest bezeichnet) in drei Wellen den Kontinent heim. Die tödlichste Welle war die dritte im Frühjahr 1919. Insgesamt starb in Deutschland fast eine halbe Million Menschen.


Die Novemberrevolution 1918


Der Krieg war für Deutschland längst verloren, aber die Generalität hielt an aussichtlosen und verlustreichen Manövern fest. Aus einem Aufstand von Matrosen und Soldaten wird im November 1918 eine reichsweite Revolution gegen die bestehende Ordnung. Der Kaiser flieht ins Ausland, der aristokratische Reichskanzler übergibt sein Amt an den Sozialdemokraten Friedrich Ebert. In seiner tausendjährigen Geschichte ist Deutschland zum ersten Mal Republik. 1919 folgen die ersten allgemeinen Wahlen.

Sozialdemokratie und Kommunismus

Aus den Wahlen im Januar 1919 gehen die Sozialdemokraten als stimmenstärkste Partei hervor. Sie wollen die alte Klassengesellschaft auf unblutige Weise und durch Reformen überwinden. Ein Blutvergießen wie in Russland oder eine radikale Umgestaltung auf kommunistischer Grundlage lehnen sie ab. Deshalb spalten sich die Kommunisten bald von der SPD ab. Am rechten Rand formieren sich ultranationale Parteien, erste Ansätze des Faschismus sind erkennbar.

Spartakusaufstand

Da das revolutionäre Feuer in Deutschland noch nicht ganz erloschen ist, versuchen Kommunisten im Januar 1919 die sozialdemokratische Regierung zu stürzen und das Reich in eine sozialistische Räterepublik umzuwandeln. Sie glauben, die Weltrevolution stünde unmittelbar bevor.

Die Revolutionäre werden von der Sozialdemokratie und der Armee blutig geschlagen, die Anführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von rechten Offizieren ermordet. Der Prozess gegen die Mörder bewegt im Mai 1919 das ganze Reich.


Der Versailler Vertrag

Seit dem Waffenstillstand wird in Versailles ein Friedensvertrag verhandelt. Er sieht weitreichende Abtretungen deutscher Gebiete an Polen vor, außerdem soll das Deutsche Heer auf 100.000 Mann reduziert und Deutschlands Wirtschaftsmacht eingeschränkt werden. Anfang Mai 1919 werden diese Details erstmals der Öffentlichkeit bekannt. Über alle Stände und Klassen hinweg empfindet man den Vertrag in Deutschland als Demütigung und Schande.

Preußen


Preußen ist bis 1918 ein Königreich und beherrscht als größter Gliedstaat des Deutschen Reiches den Nordosten des Landes. Es ist ein zerrissenes Land: einerseits ist Berlin eine der fortschrittlichsten Städte der Welt, gehören preußische Universitäten zu den besten der Welt, herrscht religiöse Toleranz und Aufgeklärtheit. Andererseits dominiert der erzkonservative Adel das Militär und die Verwaltung. Östlich der Elbe, im sogenannten Ostelbien, herrscht der Landadel (die Junker) auf seinen Gütern wie vor hunderten von Jahren und gelten Härte, Zackigkeit und Gefühlskälte als oberste Tugenden.


Landrat Friedrich August Freiherr von Alversleben ist tot. Am 10. Mai 1919 findet auf Gut Ludwigsruh die Testamentseröffnung statt. Dazu haben sich Familie, Angehörige und geladene Gäste versammelt. Für den Hausstand ist es eine große Herausforderung, in Notzeiten eine so große Zahl an Gästen standesgemäß zu versorgen.


Wer sich am 9. und 10. Mai 1919 auf Ludwigsruh aufgehalten hat, könnt ihr in den folgenden zwei Galerien einsehen. Ihr findet zu jedem Charakter seinen Stand, sein Alter, eine Kürzestbiografie und ein paar Charaktermerkmale, sowie die wesentlichen Spielinhalte in Stichwortform. Ihr könnt bei der Anmeldung bis zu drei Rollenwünsche angeben. Die Fotos sind nur symbolischer Natur, ihr müsst natürlich nicht so aussehen wie die Abgebildeten.



Dienerschaft


Zu ebener Erd‘ liegt der Dienstbotentrakt. Arbeit, Unterordnung und Ausbeutung haben bisher das Leben bestimmt. Nach der Revolution 1918 liegt auch hier Hoffnung auf Aus- und Aufbruch in der Luft. Die allgemeine Krise des Staates wird von vielen Dienstboten weniger als Bedrohung, sondern als Möglichkeit zur Veränderung angesehen.

Für das Spiel haben wir sehr ausgiebig recherchiert und wollen daher möglichst getreu das Leben auf einem preußischen Rittergut im Jahre 1919 darstellen. Ihr spielt allesamt fiktive Charaktere an einem realen Ort, mit sehr realen Problemen und Zielen.

Natürlich soll bei aller Authentizität euer Spielspaß unser höchstes Ziel sein. Deshalb muss niemand fürchten, dass wir in Ludwigsruh reenactment betreiben wollen. Insbesondere das Leben der Dienstboten haben wir entschärft – um 1919 bestand dieses nämlich einzig und allein aus Arbeit, Arbeit, Arbeit. Da der Dienstbotentrakt und seine Spieler uns besonders am Herzen liegen, haben wir auch hier intensives Polit- und Intrigenspiel, sowie spannende Verknüpfungen und tiefgehendes Charakterspiel für euch vorbereitet.


Herrschaft


Oben, in den herrschaftlichen Räumen, lebt die alte Elite: Landadel, Offiziere, konservative Beamte. Dort gelten strenge Etikette, Selbstbeherrschung und hohes Ehrgefühl als oberste Tugenden. Die neue Zeit wird in dieser Klasse als Bedrohung des bisherigen, privilegierten Lebens angesehen.

Es ist eine unruhige Zeit für Deutschland: der Kaiser musste abdanken, eine Republik wurde ausgerufen. Putsch jagt auf Putsch, Kräfte links und rechts der Mitte kämpfen erbittert und blutig um die Vorherrschaft, niemand weiß, was aus dem Land werden wird. Monarchie, Diktatur und Republik stehen zur Wahl – der ungeheure Umbruch bedeutet vor allem eines: Verunsicherung!

Der Adel fürchtet um seine Jahrhunderte alten Privilegien, das Bürgertum drängt mit seiner Bildung und seinem Kapital an die Spitze, und auch die einfachen Leute dürfen darauf hoffen, dass ihr Leben leichter werde – der Herrschaft nicht mehr völlig ausgeliefert zu sein und selber Rechte einzufordern, ist schon ein großer Schritt!

Gerade diese Konflikte zwischen den einzelnen Klassen werden wir am Spiel intensiv ausloten. Es wird daher funktional in zwei Hälften gegliedert sein, die untereinander in inniger Beziehung stehen.

Spielphilosophie

Ein zu hundert Prozent historisch akkurates Larp ist nicht möglich. Wir können uns immer nur annähern, Stimmungen erzeugen, Konflikte von damals nachempfinden. Dazu braucht es eine Spielumgebung (Bühne), die für euch die größtmögliche Immersion erzeugt, und Charaktere, die aus dem Alltagsleben der damaligen Zeit entnommen sind. Dafür sorgen wir.

Es braucht aber auch eure Bereitschaft, sich mit der Zeit auseinanderzusetzen. Das ist euer Part. Wer beispielsweise einen Kommunisten spielt, sollte sich mit der Frage, was das denn eigentlich ist, ein bisschen auseinandergesetzt haben – damit er für die anderen einen authentischen Revolutionär abgibt. Keine Sorge, wir werden für alle hinreichende Hintergrundmaterialien zur Verfügung stellen. Außerdem erscheint ab ein paar Wochen vor dem Spiel täglich ein historischer News-Ticker, der euch bis Spielbeginn in Echtzeit mit der Lage in Deutschland vertraut macht.

OT-Zone

Die designierte OT-Zone zeigen wir euch vor Ort. Dort habt ihr die Möglichkeit euch kurz ausruhen oder etwas zu essen.
Bitte versucht dabei so leise zu sein, dass ihr das Spiel nicht stört. Am Spiel wird nur draußen geraucht.

Regeln

  • Wenn Du angespielt wirst, zeige irgendeine plausible Reaktion. Spiel irgendwas, egal was, aber spiel.
  • “Wenn das deine Mutter wüsste” IT-Safeword, wenn es dir zu viel wird, du das Spiel aber nicht unterbrechen willst.
  • Wenn Du jemanden anspielst, erwarte keine bestimmte Reaktion. Akzeptiere, was dein Gegenüber daraus macht.
  • “Wenn das dein Vater wüsste” IT-Safeword, wenn du dem gegenüber signalisieren willst, dass er mehr Energie in die Szene geben kann.
  • Mit dem Ausruf “Stopp!” wird das Spiel OT unterbrochen.
  • Es gilt die Opferregel, d.h. dass die verletzte Person selbst entscheidet wie schwer sie verwundet wurde oder ob sie stirbt. Wobei sich die Spielleitung das Recht vorbehält, gegebenenfalls einzugreifen.
  • Wenn jemand sich OT verletzt, nach einem “Sanitäter” rufen, bei IT Verletzungen nach dem „Hausarzt“ verlangen.
  • SLs in Nebenrollen, immer ansprechbar bei Fragen, ihr müsst dazu nicht OT gehen.

Das Spiel der Herrschaften

Das Spiel ist – wie die damalige Welt – zweigeteilt: in Herren und Knechte.

Zu den Herren zählen die Aristokraten und Offiziere, außerdem die Bourgeoisie am Spiel. Das sind alles Menschen aus guten Familien, mit hoher Ausbildung und sozialem Kapital. Dass sie die Elite des Landstrichs sind, sieht man ihnen an: durch Kleidung, durch besondere Höflichkeit, durch ihren Ehrkodex distinguieren sie sich gegen die da unten.
Die preußischen Herrschaften sind dabei noch etwas steifer, im Ganzen militärischer und trockener, als der durchschnittliche Larp-Adel es sonst ist. Genusssucht, Dekadenz und Schwelgerei sind verpönt. Das Understatement, absolute Gefühlskontrolle in der Öffentlichkeit, Selbstdisziplin bis zur Neurose gehören zum Habitus der oberen Klassen.

Wir erwarten von allen Herrschaftsspielern, sich mit den Höflichkeitsregeln auseinanderzusetzen und ihre Kleidung standesgemäß auszurichten.

Das Spiel der Dienstboten

Es war sicher kein Vergnügen, der preußischen Oberschicht anzugehören. Noch schlimmer war naturgemäß das Los der unteren Stände. Pünktlichkeit, Sauberkeit, Pflichterfüllung, Untertanengeist wurden dem Volk von Kindesbeinen an eingebläut.

IT empfangen die Alverslebens auf Ludwigsruh eine große Anzahl von Gästen, die man standesgemäß bewirten und bespaßen muss. Das bedeutet für die Dienstboten des Hauses frühes Aufstehen, karge Mahlzeiten und Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Wir versprechen, dass die Rollen der Dienstboten mindestens genauso viel Plot, Politik, Intrigen und Leidenschaft haben, wie diejenigen der Herrschaften. Und dass es im Gesdinetrakt um dieselben elementaren Fragen geht, wie in den Gemächern der Belletage: die Zukunft, die Freiheit, das Leben.

Die Rolle der Frau

1919 steht die Emanzipation der Frau in Deutschland noch am Anfang. Erst seit Januar dieses Jahres dürfen erwachsene Frauen wählen, an höheren Schulen oder gar Universitäten sind sie immer noch eher selten anzutreffen. Entscheidende Positionen in Wirtschaft oder Verwaltung sind ihnen verwehrt.
Dennoch gibt es seit den 1860er Jahren in Deutschland die Frauenbewegung. Am Spiel wird sie in einer proletarisch-linken und einer reaktionär-rechten Ausprägung vorhanden sein.

Unsere Frauenrollen sind fast zur Gänze selbstbewusste und autonome Figuren, die fernab von Familie und Haushalt ihre eigenen politischen und gesellschaftlichen Plots und Passionen haben. Crossdressing ist natürlich bei der Rollenauswahl immer möglich.


Politik, Antikommunismus, Antisemitismus, Rassismus, Protofaschismus

Preußen hatte auch eine lange liberale Tradition, 1919 dominiert jedoch ein rechter Diskurs die Öffentlichkeit. Die Herrschaft ist überall erzkonservativ, oft streng protestantisch und meist monarchisch gesinnt. Antisemitismus findet sich bei allen Ständen, Slawen werden im Vergleich zu Deutschen als weniger zivilisiert und produktiv angesehen. Rassismus und Sexismus prägen das allgemeine Bewusstsein – auch wenn die deutsche Linke und liberale Kräfte schon damals an einem Abbau dieses alten Denkens gearbeitet haben.
Themen wie Rassismus und Antisemitismus, Antifeminismus, Antikommunismus, und aufkeimender Protofaschismus werden dezidiert Spielinhalt sein. Um der Sensibilität der Themen gerecht zu werden, wird unverzüglich von uns des Spieles verwiesen, wer sich diesbezüglich OT in verharmlosender Weise äußert.

Unsere bisherige Erfahrung als Larp-Orga hat uns davon überzeugt, dass schwierige Spielinhalte nicht nur InTime eine Bereicherung für ein Larp sein können: Wir haben über die Jahre viele positive Rückmeldungen erhalten, die uns bestätigt haben, dass das ungeschönte Eintauchen in die Vergangenheit horizonterweiternd sein kann. Das Verständnis für die Sorgen und Hoffnungen einer Epoche wird durch das am Spiel Erlebte auf eine ganz andere Weise greifbar, als durch bloße Lektüre in einem Sachbuch.
Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, das Hässliche und die Ungerechtigkeiten Anfang des 20. Jahrhunderts in Preußen nicht zu verharmlosen, sondern sie aktiv zum Larp-Inhalt zu machen.

Cross-Dressing


Wenn jemand gerne ein anderes Geschlecht darstellen möchte, ist das von unserer Seite aus möglich, solange es ernsthaft und nicht komödiantisch dargestellt wird.


Stimmen zum Spiel


Wir haben „Ludwigsruh – Ein Nachtlied“ 2015 zum ersten Mal veranstaltet. Damals haben uns die von den Teilnehmenden zum Leben erweckten Charaktere zu Tränen gerührt und immer wieder auf’s Neue überrascht mit ihren vielen Ideen und ihrer ganz persönlichen Umsetzung der komplexen und oft herausfordernden Rollen.

DANKE für dieses unheimlich mitreißende und dichte Spiel! Ich bereue es überhaupt nicht, zu den Dienenden gehört zu haben – ganz im Gegenteil! Noch NIE (!!!) hatte ich auf einem Spiel so viel Herzklopfen, so schwere Entscheidungen zu treffen, so wunderbare emotionale Szenen und überhaupt so einen tollen Plot mit so wundervollen Verknüpfungen! […]“


[…] Und weil das alles noch nicht genug war, habe ich so so so viel gelernt über deutsche Geschichte, die Generation meiner Urgroßeltern, die menschliche Psyche und mich selbst und das alles verpackt in ein Erlebnis das noch lange in mir Nachhallen und mir ewig in bester Erinnerung bleiben wird. Kaum zuvor habe ich einen so lebensnahen, vielschichtigen und unglaublich menschlich-ambivalenten Charakter spielen dürfen und ihr habt es mir möglich gemacht gleichzeitig alter Freund, guter Feind, letzter Arsch und großer Held zu sein.[…]“


Ihr habt das (für meine Erfahrung) bisher ungesehene geschafft, und mit Bediensteten-Spiel und Herrschafts-Spiel zwei parallele Spiele neben einander laufen lassen, die sich – wieder aus meiner Sicht – um nichts nachstanden. In keinem Moment hätte ich meine Schürze gegen einen Frack tauschen wollen, so dicht und intensiv war mein Spielerlebnis im Gesindetrakt. […]“