Wie der Luchs den Mond stahl

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Einst lebte in der Wüste ein kleiner, schlauer Luchs. Wenn er durstig war, ging er zur nahen Oase um dort zu trinken. Dort lebte auch die wunderschöne Ibis-Dame. In diese war der kleine Luchs so sehr verliebt, dass er sie immer gerne aus der Ferne beobachtete wie sie im Wasser stand. Doch immer wenn er sich ihr näherte, wandte sie sich empört von ihm ab und flog davon. Traurig zog der Luchs dann immer von dannen.

Eines heißen Sommertages aber, als die Ibis-Dame wieder am Teichesrand stand, da schlich sich der Luchs vorsichtig an. Als er nahe genug war, sprang er aus seinem Versteck und packte die Ibis-Dame an den Beinen. So gefangen konnte sie nicht auffliegen.
„Bitte, bitte, liebe Ibis-Dame. Ich dich so gern. Möchtest du nicht meine Frau werden, bitte?“, bettelte der kleine Luchs.
Die Ibis-Dame aber verzog wenig begeistert das Gesicht. „Komm heute Abend hierher zurück.“
Freudig willigte der Luchs ein, und ließ sie los. Die Ibis-Dame flog auf und ward davon.
Am Abend wartete der Luchs am Ufer des Weihers. Wenig später hörte er Flügelschlagen und die Ibis-Dame landete im Wasser.
„Wenn du mich zur Frau willst, sollst du mir ein Geschenk machen. Schaffst du es mir, mein Begehren zu erfüllen, werde ich dich heiraten, wenn nicht will ich dich nie wieder sehen.“, sprach sie.
„Was auch immer du willst, liebe Ibis-Dame“, antwortete der Luchs freudig.
Sie nickte zur Teichesmitte. Dort im sich kräuselnden Wasser lag eine silberne Scheibe.
Der Luchs freute sich über eine so leichte Aufgabe. „Ja, natürlich bringe ich dir das!“, jubelte er. Dann flog Ibis-Dame auf und der Luchs sah ihr nach.

Da erkannte, dass die silberne Scheibe der Mond war. Dem kleinen Luchs wurde bang ums Herz. Fort an versuchte der Luchs Nacht für Nacht den Mond zu erreichen. Immer wieder sprang er auf und wollte ihn mit seinen Tatzen zu fassen bekommen, aber er war leider zu klein. Selbst als er die höchsten Dünen erklommen hatte, schaffte er es nicht den Mond zu fangen. Irgendwann erkannte der Luchs, dass es hoffnungslos war und die Aufgabe nie lösen konnte. Traurig und mit Tränen in den Augen kehrte er eines Nachts zum Weiher zurück. Dort beobachtete er kummervoll die Wellen, wissend, dass er die schöne Ibis-Dame nie mehr sehen dürfen werde. Doch da! Im Wasser! Da war kein Mond zu sehen. Der Luchs sah auf. Auch am Firmament war die silberne Scheibe verschwunden. Da hatte der Luchs eine Idee.

„Ibis-Dame! Liebe Ibis-Dame! Ich habe dein Geschenk! Komm, ich will es dir zeigen!“, rief er.
Und tatsächlich, die Ibis-Dame kam angeflogen.
„Sieh, ich habe dir den Mond vom Himmel geholt“, sprach der Luchs und grinste dabei von einem Ohr zum anderen.
Die Ibis-Dame sah auf, doch dort wo der Mond stehen sollte, war nichts auszumachen. Verwirrt sah sie zum kleinen Luchs. Noch immer grinste dieser, von einem Ohr zum anderen, und sein weites, weißes Lächeln zeigte eine wunderschöne Mondsichel. Da verlor die Ibis-Dame ihr Herz an den kleinen Luchs.
„Lieber Luchs, du hast dein Wort gehalten, so will ich auch meines einlösen und dich Manne nehmen.“, sprach die Ibis-Dame. Fortan lebten beide glücklich und zufrieden miteinander. Und nie mehr hat ein Mann seiner Geliebten ein so schönes Geschenk gemacht, sagt man.