Das Zwerglein beim Wurzelstock

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Tief, tief im Wald im Wendelgebirge lag einst ein kleines Dorf, ein paar Bauernkaten und die Hütten einiger Holzfäller. Jeden Tag gingen die Holzknechte in den Wald um ihr Tagwerk zu verrichten. Die Arbeit war hart und gefährlich, und brachte auch nur wenig ein. Eines Tages verletzte sich einer der Holzfäller am Bein, die Wunde entzündete sich und der Mann musste zuhause bleiben. Er lebte in Armut und allein mit seiner kleinen Tochter. Sie zählte noch keine zwölf Sommer, war aber klug und hatte ein sonniges, liebevolles Gemüt. Sie wusste, dass ihr Vater Arznei brauchte um wieder gesund zu werden, darum packte sie entschlossen seine Axt und wollte am Morgen mit den anderen Männern in den Wald ziehen. Als sie die Kleine auf sie zustacksen sahen, begannen sie laut zu lachen und das Kind zu verspotten. Da aber das Mädchen stur blieb und nicht heimkehren wollte, nahmen sie sie schließlich doch mit in den Wald. Schnell musste sie feststellen, dass sie der Arbeit nicht gewachsen war, die Männer hatten recht behalten. Dennoch mühte sie sich nach Leibeskräften ab, schließlich musste sie sich um ihren kranken Vater sorgen. Schließlich wurde es Mittag und während die anderen Männer zu essen begannen, lief das hungrige Mädchen in den Wald, denn alles Brot hatte sie dem Vater aufgehoben und nun wollte sie sich ein paar Beeren suchen. Nach einiger Zeit hatte sie nur eine Handvoll saurer Brombeeren beisammen und wollte gerade zurück zur Lichtung um Holz zu schlagen, da sah sie unweit von sich ein Männlein bei einem Wurzelstock. Neugierig trat das Kind näher, und sah ein Zwerglein, das sich mit der Bartspitze in Holz verfangen hatte. Der Kleine zog und zerrte und nestelte am Bart herum, aber er kam nicht frei. Da bemerkte er das Mädchen hinter sich und die Beeren in dessen Hand. „Mein liebes Kind, ich bin seit Tagen hier gefangen und komme nicht frei. Hunger und Durst quälen mich. Gib mir doch etwas von deinen Beeren ab“, sprach der Zwerg. Bereitwillig gab ihm das Mädchen all seine Beere, denn so hatte der Vater es ihr beigebracht, anderen in Not zu helfen. Gierig schlang das Männlein die Beeren hinunter. Dann sprach es: „Ah, das tat wohl. Wärest du vielleicht so freundlich, mich von diesen Wurzeln zu befreien?“ Das Mädchen willigte ein und wollte den Zwerg den Bart abschneiden, da rief er entsetzt: „Was hast du vor?! Du kannst mich nicht meines Bartes berauben. Du musst die Wurzel zerhacken!“ „Aber das schaffe ich nicht alleine. Ich werde Hilfe brauchen.“, erwiderte das Kind, und lief los um die Holzfäller zu rufen. Auf der Lichtung waren die Männer schon wieder bei der Arbeit. Als das Mädchen ihnen von dem kleinen Männlein in Not berichtete, da lachten sie nur, und meinten, es solle sich den Bart scheren lassen, wenn es freikommen wolle. Niedergeschlagen kehrte das Kind zum Wurzelstock zurück und berichtete von der Antwort der Männer. Da sprach der Zwerg: „Nimm du die Axt, und hau die Wurzel entzwei.“ „Aber ich könnte dich verletzten. Und die Wurzeln sind alt und trocken, ich bin zu schwach dafür“, entgegnete das Mädchen. „Ach, fasse Mut, du wirst mich schon nicht treffen. Schlage mit aller Kraft zu“ Da nahm das Kind die Axt und holte weit aus. Das Eisen sauste hernieder und Holz splitterte. Einmal, zweimal und beim dritten Male war das Männlein frei. Artig bedankte es sich bei dem Mädchen und sprach: „Wenn die Sonn‘ herniedersingt, dann schlage ein letztes Mal auf den Wurzelstock.“ Dann zog der Wicht von dannen. Schon begann auch die Sonne unter zu gehen, da holte das Kind nochmals aus und hieb auf den Stock. Unter lautem Krachen brach das Holz entzwei und gab den Blick auf eine kleine Aushöhlung im Felsen darunter frei. Dort stand eine kleine Holzkiste. Vorsichtig barg sie sie und stellte sie in das Gras neben sich. Und als das Mädchen die Kiste öffnete, funkelten ihr hunderte Goldstücke entgegen. Der Vater war überglücklich, als seine Tochter heim kehrte und als er sah was sie bei sich trug, konnte er es kaum glauben. Mit dem Geld konnten sich die beiden nun die Medizin für den kranken Vater kaufen, und sie lebten sorglos bis ans Ende ihrer Tage.